Durchführung von Mitgliederversammlungen der Ortsclubs

Autoreninfo: Klaus Baschek, Club-Syndikus ADAC Westfalen e.V.
Foto: Foto: Guido Grochowski

In den Ortsclubs stehen die jährlichen Mitgliederversammlungen an. Deren Durchführung in Zeiten der Pandemie ist nach derzeitiger Gesetzeslage in den meisten Fällen nicht als Präsenzveranstaltungen möglich.

Nach § 36 BGB ist der Vorstand zur Durchführung der Mitgliederversammlung verpflichtet. Aufgrund der behördlichen Anordnungen, die sich ständig ändern, sollten jedoch keine physischen Mitgliederversammlungen (also keine Präsenzveranstaltungen) mehr durchgeführt werden.

Im März 2020 verabschiedete die Bundesregierung ein Gesetz, das auch alternative Formen der Mitgliederversammlung zulässt. Deshalb besteht aktuell kein wirklicher Grund mehr, Mitgliederversammlungen zu verschieben.

Erleichterungen durch Gesetzgebungsverfahren

Der Bundestag hat Ende März 2020 in Folge der Pandemie das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie (im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht) verabschiedet, wonach Mitgliederversammlungen (und dementsprechend auch Vorstandssitzungen) auch ohne Satzungsgrundlage online oder schriftlich durchgeführt werden können und auch schriftliche Beschlussfassungen möglich sind.

Das ist eine wesentliche Entlastung für die Vereine, denn so können wichtige Beschlüsse problemlos im Umlaufverfahren gefasst werden. Basis dieser Richtlinie ist Art. 2 § 5 Absatz 1 & 2 des Gesetzes, die als Sonderregelung zu § 32 Absatz 1 Satz 1 BGB gedacht ist. Diese Regelung gilt vorerst bis zum 31. Dezember 2021.

Die wesentliche Vorschrift lautet:

§5 Vereine und Stiftungen

(1) Ein Vorstandsmitglied eines Vereins oder einer Stiftung bleibt auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt.
(2) Abweichend von § 32 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen,

  1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben oder
  2. ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben.

(3) Abweichend von § 32 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.

Soweit Ortsclubs Mitgliederversammlungen im schriftlichen Verfahren durchführen wollen, sind die Anforderungen hieran strengstens zu beachten. Wird das nicht genau gemacht, sind die gefassten Beschlüsse unwirksam.  Für den Fall einer Vereinsregisteranmeldung werden diese Voraussetzungen vom Amtsgericht sehr genau geprüft.

Bei schriftlichen Mitgliederversammlungen müssen sämtliche Unterlagen, die sonst mündlich in der Versammlung vorgetragen werden, schriftlich ausgearbeitet und mit der schriftlichen Einladung dem Mitglied zugehen. Es muss eine ausreichende Frist (ca. 2-3 Wochen) gesetzt werden, innerhalb der dann die Mitglieder in schriftlicher Form ihre Stimmen abgeben können.

Wirksam ist dieses Verfahren nur, wenn innerhalb der gesetzten Frist mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.

Alternativ könnte auch im Wege der elektronischen Kommunikation eine MV abgehalten werden. Problem hierbei wäre aber, dass allen Mitgliedern diese elektronische Kommunikation auch zur Verfügung stehen muss. Derartige Videokonferenzen lassen sich heute mit kostenlos erhältlichen Programmen durchführen. Ob dies bei einem größeren Teilnehmerkreis sinnvoll ist, wird bezweifelt. Unserer Ansicht nach ist dieses Verfahren eher nur für Vorstandssitzungen geeignet.

Das ist die derzeitige Rechtslage auf der Ebene des Bundes.

Weiter zu beachten ist aber das jeweilige Landesgesetz.

Nach der bis zum 30.11.2020 gültigen Coronaschutzverordnung vom 30.10.2020 (eine neue Verordnung tritt am 01.12.2020 in Kraft) sind Versammlungen von Vereinen praktisch nicht mehr in Präsenzform durchführbar.

Einschlägig ist hier § 13 der Verordnung:

Veranstaltungen und Versammlungen

Die für die Ortsclubs wichtigen Passagen lauten:

(1) Veranstaltungen und Versammlungen, die nicht unter besondere Regelungen dieser Verordnung fallen, sind bis zum 30. November 2020 untersagt.

(2) Abweichend von Absatz 1 sind unter Beachtung der Regelungen der §§ 2 bis 4a zulässig:

(3) Sitzungen von rechtlich vorgesehenen Gremien öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Institutionen, Gesellschaften, Parteien oder Vereine

a) mit bis zu zwanzig Personen, wenn sie nicht als Telefon- oder Videokonferenzen durchgeführt werden können,

b) mit mehr als zwanzig, aber höchstens 250 Personen in geschlossenen Räumen beziehungsweise 500 Personen unter freiem Himmel, nur nach Zulassung durch die zuständigen Behörden, wenn die Sitzung aus triftigem Grund im Monat November 2020, in Präsenz und mit der vorgesehenen Personenzahl durchgeführt werden muss.

Die am 01.12.2020 in Kraft tretende Verordnung wird zunächst bis zum 30.12.2020 Geltung haben.

Versammlung mit bis zu 20 Personen sind nur dann zulässig, wenn sie nicht als Telefon- oder Videokonferenz durchgeführt werden können. 

Versammlungen mit mehr als 20 Personen bis zu 250 Personen sind nur nach Zulassung durch die zuständigen Behörden möglich. Diese Zulassung dürfte wohl bei den meisten Vereinen nicht erfolgen.

Grundsätzlich besteht aber auch in der Regel kein zwingender Handlungsbedarf zur Durchführung von Mitgliederversammlungen, da nach den gesetzlichen Vorschriften die gewählten Vorstände bis zu einer späteren Mitgliederversammlung automatisch im Amt bleiben, auch wenn die Satzung das anders regelt. Dies gilt entsprechend auch für die von den OC zu bestellenden Delegierten.

Gelegentlich ist von den OC gefragt worden, ob man den Mitgliedern wegen vieler nicht durchgeführter Veranstaltungen der OC den Jahresbeitrag erlassen kann.

Hier gilt Folgendes:

Die Freistellung von Mitgliedsbeiträgen durch den Vorsitzenden/Vorstand eines OC ist rechtlich nicht möglich. Das liegt nicht in der Kompetenz des Vorsitzenden oder des Vorstandes. Grundsätzlich muss die Satzung des Vereins gem. § 58 BGB Regelungen über die Erhebung von Beiträgen enthalten.

Es wäre also zunächst in die Satzung zu schauen, welche Regelungen dort zur Frage der Beiträge enthalten ist. Allerdings sind hier keine Satzungen bekannt, die solche Regelungen enthalten.

Da oberstes Organ eines Vereins die Mitgliederversammlung ist, könnte nur diese die Beitragsregelung ändern. Es wäre auch denkbar, dass die Beitragspflicht für eine gewisse Zeit ermäßigt wird. Ob ein genereller Verzicht möglich ist, ist jedoch fraglich, da der Verein laufende Ausgaben hat, die sichergestellt werden müssen.

Aussagen dazu, wie im kommenden Jahr mit Mitgliederversammlungen umzugehen ist, können heute nicht verbindlich getroffen werden. Das wird im Wesentlichen von der weiteren Entwicklung der Pandemie und den entsprechenden politischen Entscheidungen abhängig sein.

Klaus Baschek

Club-Syndikus ADAC Westfalen e.V.

29.11.2020

Dein Ansprechpartner
Markus Kappelhoff
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