Ehre, wem Ehre gebührt: die Jupp Schnitker Fahrt des Hagener AC

Autoreninfo: Tobias Scheffel, ADAC Westfalen e.V.
Foto: ADAC Westfalen e.V.

Ein Erlebnisbericht von Teilnehmer Frank Schäfer

Der Hagener Automobil Club von 1905 e.V. (kurz HAC) ist der „älteste Ortsclub“ im Gebiet des ADAC Westfalen. Damit ist allerdings nicht das (Durchschnitts-)Alter der Mitglieder gemeint. Nein, dieser ADAC-Ortsclub existiert nun tatsächlich schon 116 Jahre! Viel Tradition, auf der man sich aber nicht ausruht, sondern selbst in Pandemiezeiten so aktiv wie möglich ist.

Normalerweise geht der HAC immer an Pfingsten mit der Hagen Klassik an den Start. Wir waren 2018 und 2019 mit dabei. 2020 ist die Hagen Klassik wegen Coprona ausgefallen und auch für 2021 sieht es schlecht aus.

Trotzdem läuft was: Wie auch andere Vereine, führt der HAC diverse Clubfahrten durch. Diese sind insbesondere für die Vereinsmitglieder gedacht. Was den Arnsbergern die Dieter Zantner- Fahrt ist, ist den Hagenern die Jupp Schnitker-Fahrt. Bei dieser wird einem verdienten und verstorbenen Clubkamerad gedacht und wie in Arnsberg sollte man auch in Hagen eine solche „Clubfahrt“ sehr ernst nehmen! 

Schön ist, dass auch Nicht-Club-Mitglieder für ein geringes Nenngeld von 5.-€ teilnehmen können. Das kommt offenbargerade in der Corona-Zeit gut an - denn das Teilnehmerfeld war doch besser besetzt als in den Vorjahren.

Für die Jupp Schnitker Fahrt waren folgende Aufgaben angekündigt: Strecke über ca. 90 km in dreieinhalb Stunden ausschließlich nach Chinesenzeichen zu befahren. Die Chinesen sind dabei komplett unkilometriert und teilweise „besonders gestaltet nach Art des HAC“. Die Aussage „Chinesen sind komplett zu befahren“ (eigentlich ja selbstverständlich?) ließ im Vorfeld schon vermuten, dass sehr komplexe Chinesenzeichen zum Einsatz kommen. 

Diese Form der belgisch-stämmigen „Chinesenmutante“ ist ähnlich wie ein geschlossener Kreisverkehr zu fahren und wird in der Praxis gerne übersehen oder missverstanden. Zudem sollte bei der Jupp Schnitker Fahrt auch noch das Einbahnstraßensystem verwendet werden. Wie jetzt? Chinesen und Einbahnstraßensystem, wie passt das denn zusammen? Chinesenzeichen sind doch eindeutig von Anfang bis Ende zu befahren – wie kann es da denn Konflikte mit Gegenläufigkeit geben? Aber so ist das: wie schon geschrieben kann auch so eine Clubfahrt durchaus anspruchsvoll gestaltet sein.

Es kam also darauf an, auf der Strecke besonders aufmerksam zu sein. Auch daher, weil die Streckenführung mit Ortseingangs- und Weiler-Schildern überwacht wurde. Und diese sind in dieser Gegend besonders häufig zu finden.

Am Start in Hagen-Bathey bekam man seine Fahrtunterlagen und konnte Corona-konform auf die Startzeit warten. Der Blick auf den kurzen Fahrerbrief bestätigte die Vorab-Info: nur unkilometrierte Chinesenzeichen, ganz durchzufahren, immer kürzeste Strecke (auch bei den Chinesen!) und auf Einbahnstraßensystem achten. 

Bei den Ortseingangs- und Weilerschildern stand der Hinweis „jeder Großbuchstabe des Schildes ist in ein Feld auf der Bordkarte zu verzeichnen“. Aha, das war mal was anderes. Die Bedeutung dieser Regel zeigte sich uns Nicht- Ortskundigen erst später auf der Strecke. Punkt 13:42 Uhr ging es los und am Start kam direkt der erste „Hallo wach!“- Moment: eine Abstandsprüfung am Gatter - 20 Zentimeter! Och nöö, muss das denn sein? Kleine Entwarnung: wird nur bei Gleichstand gewertet. Na gut, erste Kontrolle direkt aufgeschrieben und los auf die Strecke.

Hier bestätigte sich schnell, dass unkilometrierte Chinesenzeichen eine spezielle Herausforderung sind. Die Abstände zwischen den einzelnen Fahraufträgen variierten nämlich zwischen etwa 20m und 20 Km. Gerade am Anfang fuhr man extrem lange immer „geradeaus“, wobei auch nur Kreuzungen und Abzweigungen eingezeichnet waren, die die Fahrtleitung für relevant hielt. 

Sonst galt die alte Orientierungsfahrt-Regel: immer geradeaus. Kennt man ja auch aus der Fahrschule. Zur Auflockerung waren insgesamt acht Fragen im Streckenverlauf zu beantworten: An welchem Himmelsbewohner kommt man vorbei? Auf welcher Landstraße fahren wir? Welche zwei Tiere kommen an der Werkstatt zusammen? Welche Biermarken gibt es an der Post? 

Nach einiger Zeit wurde das Volmetal auf der B54 befahren. Hier wurde Strecke gemacht. Eine sehr schöne Gegend, in der wir zuvor noch nie waren. Dann die erste „Katastrophe“. Die B54 war gesperrt und ab „Rummenohl“ sollte die U1 „bis zum Ende“ befahren werden. Leider hatte hier ein besonderer Scherzkeks das Umleitungsschild verdreht, so dass wir statt links (über die Bahn) nach rechts den Berg hoch gefahren sind. 

Im weiteren Verlauf gab es erstmal keine Besonderheiten, daher ist uns der Fehler erst aufgefallen, als wir schon fast in Breckerfeld waren. Nach einigem orientierungslosen Rumgefahre schafften wir es doch wieder nach Rummenohl zurück und zur U1, aber wir hatten da schon (gerade mal auf Seite 1 des Roadbooks!) einen Zeitverlust von mindestens 30 Minuten. Schei… benhonig!

Nachdem wir die B54 irgendwann über die Volmetalbahnstrecke verlassen hatten, ging es wieder auf die Berghöhe. Die Aufgabenstellung in „Berken“ führte nicht nur bei uns zu einiger Verzweiflung. Klar war, hier sollte man mehrere Dreiecke nach Wunsch des Fahrtleiters befahren. Aber wie??? Hin und her überlegt, gedreht und gewendet. Alles passte nicht. Großes Gewusel und zeitweise standen hier sechs Teams und waren planlos. Irgendwann fiel dann der Groschen und wir fanden die Strecke, die der Fahrtleiter wohl haben wollte. War aber schon schwierig, da an der entscheidenden Stelle der Chinese fehlte. Da erst wurde klar: die Auflistung des Chinesenzeichens an der Stelle war nicht nötig, da hier das Einbahnstraßensystem zum Zuge kam). Daher verließen wird Berken mit vier B, aber auch weiteren 15 bis 20 Minuten Zeitverlust.

Das konnte nur eines bedeuten: ab jetzt ordentlich auf die Tube drücken! Neben der Gefahr geblitzt zu werden, hat das „auf die Tube drücken“ bei einer Orientierungsfahrt einen weiteren, entscheidenden Nachteil: es wird hektisch und man übersieht gerne Kontrollen oder ganze Aufgabenstellungen. Manchmal vergisst man auch, was rechts und links bedeutet. Die Kontrollschilder waren bei der Jupp Schnitker Fahrt 2021 auch besonders filigran gestaltet und oft direkt in Bodennähe angebracht. Fairerweise jedoch (fast) immer nur da, wo man auch mit Kontrollen rechnen musste, also bei den „speziellen“ Chinesen.

Ganze 30 von 50 Fahraufträgen lagen jetzt noch vor uns, mit weiteren chinesischen Spezialitäten, wie „Kästen“ und Sackgassen, die befahren werden mussten. Langeweile kam zu keiner Zeit auf, auch nicht bei der Umfahrung von „Bäumen“, die schon vor langer Zeit gefällt wurden. Außerdem sorgten die Ortseingangsschilder zunächst für Heiterkeit und dann immer mehr für Wut. In dieser Gegend besteht eine Sportart offenbar darin, diese Schilder mit möglichst viel Text zu beschriften. Die „Stadt der FernUniversität Hagen“ ist da noch einfach gewesen. 

SFUDSH, BSKMK oder auch ZWHBERK waren die Kontrollen, die zu notieren waren – alle Großbuchstaben in ein Feld! Auch grüne Weilerschilder gab es in dieser Gegend offenbar irgendwann mal besonders günstig, so dass gefühlt jede Hütte oder die Mülltonnen am Straßenrand damit ausgestattet wurden.

Mit gut gefüllter Bordkarte und quietschenden Reifen erreichten wir schließlich das Ziel auf dem Parkplatz des Hagener Freilichtmuseums. Die angesetzten dreieinhalb Stunden hatten wir aufgrund des U1-Problems auch (mehr als) benötigt! 

Nach einem kurzen Schnack (mit Abstand!) auf dem Parkplatz konnte man die Heimreise antreten. Ergebnisse sollte es dann per „WhatsApp“ geben. Und siehe da… bereits gegen 21 Uhr brummte die Leitung. Kaum zu glauben, denn die Bordkarten waren doch recht voll gewesen mit dem „HSKKGWT“! 

Fast noch unglaublicher – mit sagenhaften Null Fehlern konnten wir tatsächlich den 1.Platz holen, noch knapp vor den (namensgleichen) Lokalmatadoren, die dieses Mal nicht im „Kleinstformat“ unterwegs waren. Damit hatten wir nach der ganzen Aufregung nicht gerechnet. Aber, wie man so schön sagt: „Hinten kackt die Ente!“. So wurde klar: auch bei der Jupp Schnitker Fahrt kommt es drauf an, genau die Stecke zu finden, die die Fahrtleitung haben will. Und das ist uns offenbar trotz massiver Zeitprobleme gelungen.

Unser Fazit: Wenig überraschend war es eine anspruchsvolle Clubfahrt mit chinesischem Einschlag. Wunderschöne Strecke und kniffelige Aufgaben. Sehr korrekte und kulante Auswertung, schnelle Ergebnisse. Verbesserungspotenzial sehen wir noch bei wirklich eindeutigen Regeln und die Baumaffen waren sehr minimalistisch gestaltet. Alles in allem aber mal wieder eine Fahrt mit viel Spaß, Hektik und Adrenalin. Genau so sollten Clubfahrten sein!

 

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Klaus Hasenpusch